Das Erdmagnetfeld und seine Abschwächung

Anfang November 2023 konnten wir in Deutschland Polarlichter sehen. Sie waren selbst in Österreich, Slowenien und sogar in der Türkei zu sehen. Auch in Texas und Griechenland war dieses Schauspiel zu bewundern. Das ist ein außergewöhnliches Vorkommnis, welches die Durchschnittspressemeldungen wieder recht informationslos behandelt haben und nur auf “starke Sonnenstürme” als Ursache hinwiesen. Das ist falsch. Die eigentliche Sensation dieses Ereignisses lag darin, dass wir dadurch etwas bemerken konnten, was einigen Forschern schon länger bekannt ist: das Erdmagnetfeld schwächt sich seit dem Jahr 1859 (Carrington Ereignis) immer schneller ab. In den kommenden Jahren werden wir solche Polarlichter häufiger in südlichen Regionen beobachten können.

Normalerweise würden wir diese Polarlichter in diesen Breitengraden nur 1-2 x je Dekade sehen wenn

  • es einen Sonnensturm mit der Stärke 9 auf dem Kp-Index,
  • einen großen koronalen Massenauswurf (CME)
  • durch eine Sonneneruption der Stärke X1 gibt.

All das war nicht der Fall. Es gab zwar eine mittelmäßig erhöhte Sonnenaktivität in den letzten Wochen, aber keine Sonnenstürme der Stärke Kp9 und keine Sonneneruptionen im Bereich der X-Stärke. 2023 wurden Polarlichter bereits 6 Mal in unüblich südlichen Breitengraden beobachtet. Das ist ein rekordverdächtiger Wert.

Vor zwanzig Jahren, im Jahr 2003, konnte man schon einmal Polarlichter sehr weit südlich in Texas und Oklahoma sehen. Damals bedurfte es allerdings noch eines Sonnenflares der Stärke X17, wie man hier nachlesen kann. Wenn wir diese Erscheinungen nun 20 Jahre später bei einem Sonnenflare von lediglich der Klasse M sehen können, ist das durchaus eine Meldung wert… (Wenn uns heute ein Sonnenflare der Stärke X17 treffen würde, wären die Folgen wesentlich dramatischer als damals und die Polarlichter wären noch weiter südlich zu sehen gewesen.)

Je schwächer das Erdmagnetfeld ist, desto weiter südlich werden wir Polarlichter sehen bei auch nur mittelmäßiger Sonnenaktivität. In den letzten Jahrzehnten bzw. Jahrhunderten waren Polarlichter bei gleichwertiger Sonnenaktivität ausschließlich viel weiter nördlich zu sehen. Je stärker das Magnetfeld ist, desto schwächer ist die Stauchung desselben durch die Plasmawinde. Je schwächer das Erdmagnetfeld ist, desto stärker findet die Stauchung der Magnetlinien der Erde statt und die Polarlichter sind demzufolge weiter südlich zu sehen.

 

Dass im Erdmagnetfeld seit 1859 erhebliche Veränderungen vor sich gehen kann man auch an folgenden Hinweisen erkennen:

 

Das Erdmagnetfeld ist ein Schutzschild für die kosmische Strahlung. Schwächt es sich erheblich ab, so können schon mittelmäßige Sonnenstürme Satelliten beschädigen, das Stromnetz lahmlegen und elektronische Geräte zerstören. Die technisierte Zivilisation basiert auf einem funktionierenden Strom- und Informationsnetz. Nicht weniger als das Überleben der Menschheit steht bei einem großflächigen (weltweiten) Ausfall der elektrifizierten Zivilisation auf dem Spiel. In diesem Zusammenhang kann man schon gar nicht mehr den Begriff “flächendeckenden und längerfristigen Ausfall” bemühen, denn ‘langfristig’ bedeutet “für immer”. Denn es wird keinen Aufbau der Zivilisation wie wir sie kennen mehr geben, wenn sämtliche elektrischen Geräte weltweit zerstört sind. Wer hier von Wiederaufbau phantasiert, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Das wird ein Genickschuss für diese Zivilisation sein, kein oberflächlicher Kratzer der wieder ausheilt wenn man draufpustet und ein Pflaster drüberklebt.

Auch im Sinne einer Krisenvorbereitung muss immer wieder betont werden sich keinesfalls auf elektrische Geräte zu verlassen. Alles was mechanisch funktioniert wie vor 150 Jahren ist das, was auch noch in 150 Jahren funktionieren wird, Sonnenstürme hin oder her. Überlebenswichtige Information sollte nur auf Papier aufbewahrt werden, so dass sie stromlos benutzt werden kann. Wer ein bisschen mitdenkt und sich der Gefahr eines Systemkollapses bewusst ist, setzt Primitivtechnik ein, bzw. hält diese als ein Backupsystem in der Hinterhand.

Das wichtigste in einem solchen Fall wird sein, die ersten Wochen unbeschadet zu überstehen.

Weiterführende Links (wird gelegentlich ergänzt/nachgetragen):

‘Over the last 150 years, the magnetic field has lost about 15% of its strength.’

Earth’s Magnetic Field Is Weakening 10 Times Faster Now

Earth’s magnetic field can change 10 times faster than previously thought

Earth’s magnetic field could flip within a human lifetime

Rapid geomagnetic changes inferred from Earth observations and numerical simulations

[Update 27.11.2023]

Einige recht interessante Aufnahmen von Lichtsäulen aus der Kiruna-Station in Schweden.